Netzausbau Glasfaser in Baden-Württemberg

Bericht vom Glasfaserforum „Endlich mal wieder live und in Farbe“

So die Einleitung von Stephan Albers, Geschäftsführer vom BREKO. Zwei Jahre lang gab es kaum Präsenztreffen und so war es für mich doch sehr interessant das Glasfaserforum BW in Stuttgart zu besuchen. Mein Schwerpunkt liegt in der praktischen Umsetzung des Glasfaserausbaus. Daher berichte und kommentiere ich aus Sicht einer bauausführenden Firma die relevanten Beiträge.

Bernhard Palm, Geschäftsführer NetCom BW, Stephan Albers GF BREKO-4 Diskussion
Bernhard Palm Geschäftsführer NetCom BW Stephan Albers GF BREKO

Bernhard Palm, Geschäftsführer Netcom BW führte aus, dass es aktuell nur 7% Glasfaseranschlüsse in Baden-Württemberg gibt. Allerdings nimmt die Ausbaugeschwindigkeit nun deutlich Fahrt auf mit aktuell 49 ausbauenden Netzbetreibern. Alternative Verlegmethoden sind für ihn ein wichtiges Standbein beim Ausbau. Ziel ist es die Tiefbaukosten (Capex) unter Kontrolle zu behalten.  Entsprechend müssen die alternativen Verlegemethoden auch eingesetzt werden. Die Netcom BW baut eigenwirtschaftlich, gefördert mit Zweckverbänden und auch in Kooperationen wie mit den Stadtwerken Lindau und Waiblingen aus und pachtet teilweise die Glasfasernetze, um diese nach dem Bau zu betreiben.

Der eigenwirtschaftliche und geforderte Glasfaserausbau ist für Stephan Albers ein Treiber der Digitalisierung. Er betonte, dass es auf die richtige Dosierung der staatlichen Anforderung ankommt. Private Firmen und Investoren werden in den nächsten Jahren ca. 50 Mrd. Euro in deutsche Glasfasernetze investieren. Das Narrativ, Förderung würde den Glasfaserausbau beschleunigen, hält er für falsch. Dazu zählte er Beispiele auf, wie viele Förderprojekte genehmigt, aber immer noch nicht gebaut wurden. Er sieht folgende Treiber einer Beschleunigung:

  • Schnellere Genehmigungsverfahren (One-Stop-Shop)
  • Kooperation statt Überbau
  • Akzeptanz moderner Verlegeverfahren
  • Effiziente Verzahnung von eigenwirtschaftlichem und geförderten Ausbau

Albers machte einen Sinnwandel bei der Deutschen Telekom aus. Die Telekom baut nun selbst auch Glasfasernetze. Dies begrüßte er grundsätzlich auch, allerdings mit dem Hinweis, das bestehende Glasfasernetze nicht überbaut werden sollen, sondern in Kooperation genutzt werden. Sein Motto für die nächsten Jahre lautete den Glasfaserausbau praktisch nun schnell „umzusetzen, umzusetzen, umzusetzen…“ Dem nächsten Vortragenden Stefan Krebs schlug er einen Glasfaserpakt für Baden-Württemberg vor. Die staatlichen Stellen wie Baurechtsämter und ausbauenden Unternehmen sollen sich gemeinsame Ausbaustandards vereinbaren, um so viel Abstimmungsarbeit zu vermeiden.

CIO Stefan Krebs, Beauftragter der Landesregierung für Informationstechnologie
CIO Stefan Krebs Beauftragter der Landesregierung für Informationstechnologie

Stefan Krebs (Beauftragter der Landesregierung für Informationstechnologie) informierte die Teilnehmer, dass der Bund keine Deckelung der Förderung auf nur noch eine Milliarde Euro im Jahr anstrebt. Er ist auch offen gegenüber alternativen Verlegeverfahren und bat um Hinweise auf erfolgreiche Beispiele aus anderen Bundesländern.

Daniel Karrais Sprecher für Digitalisierung der FDP-Landtagsfraktion, Jan Simons
Daniel Karrais Sprecher für Digitalisierung der FDP Landtagsfraktion Jan Simons

Daniel Karrais (Sprecher für Digitalisierung der FDP-Landesfraktion) fand den Begriff alternative Verlegeverfahren komisch bzw. unglücklich gewählt. Alternativ hat tendenziell einen negativen Beigeschmack. Es sollte eher der innovative Charakter der Verlegemethode im Vordergrund stehen. Er kritisiert die Kommunikationspolitik des Landes beim Glasfaserausbau. Die Landesregierung kommuniziert aktuell noch, dass 70% der Internetanschlüsse gigabitfähig sein. Dies sind allerdings nur die Koaxialkabel / Kupferanschlüsse aus der TV-Kabelverlegung. Diese Anschlüsse sind nicht symmetrisch (Up- und Download). Die Bürger wollen Glasfaseranschlüsse. In den Kommunen herrscht Personalmangel und daher ist entscheidend, dass viele Prozesse vereinfacht, dereguliert und digital umgesetzt werden können. So werden die einzelnen Mitarbeiter entlastet und erzielen eine höhere Produktivität wie beispielsweise die Erteilung von verkehrsrechtlichen Genehmigungen.

Manfred Maschek Geschäftsführer Breitbandversorgung Deutschland GmbH BBV

Manfred Maschek (Geschäftsführer Breitbandversorgung Deutschland GmbH) stellte zwei Landkreisprojekte im eigenwirtschaftlichen Ausbau vor. Das zählt das geplante Netz im Neckar-Odenwald Kreis mit 27 Kommunen, 143.000 Einwohnern, 67.200 Wohnungen, 210km Backbone bei Anbindung der Siedlungsflächen aller Kommunen. Die Bauzeit soll 3-4 Jahre betragen mit Projektkosten von ca. 125. Mio. Euro. Aktuell arbeiten dort 10 -12 Baufirmen. Er führte mehrere kritische Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Bauphase aus. Dazu gehören das vertrauensvolle Miteinander zwischen Landrat, Kreisverwaltung, Kommunalverwaltungen und jedem Bürgermeister und den Tiefbauunternehmen.

Felix Stiegeler (Geschäftsführer Stiegeler Internet Service GmbH) betonte die Vorteile eines regional agierenden Netzbetreibers. Er arbeitet gerne mit regional tätigen Tiefbauunternehmen und Elektrofachfirmen zusammen. Beim Ausbau von Gebieten sind nachträgliche Hausanschlüsse inklusive notwendigen Tiefbauarbeiten mit ca. 8.000 Euro teuer und er ist daher selbst auf Informationsveranstaltungen als Redner dabei.

Heidi Schmid (Gemeindetag Baden-Württemberg, Leitung Dezernat 1, Innerer Dienst, Personal, Europa, Organisation u. Digitalisierung) ging in ihrem Vortrag auf den Einsatz von alternativen Verlegeverfahren ein. Sie begrüßte grundsätzlich den Einsatz. Sie war früher allerdings Kämmerin in einer Gemeinde und wurde in der Finanzkrise gefragt, ob sie das Gemeindevermögen sicher angelegt habe, oder in unsichereren amerikanischen Finanzinstrumenten gebunden sei. Sie warb für Verständnis, dass kommunale Verwaltungen sehr langfristig denken müssen, Interessen anderer Versorgungnetze (Strom, Gas, Wasser), Oberflächen von Straßen und Gehwegen berücksichtigen müssen und nur für die Durchführung von Bundesgesetzen zuständig sind, aber keinen Einfluss auf den Erlass von Gesetzen im Bund haben.

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